Geschichten aus dem Nachtcafé
Wo wir sind. Und was hier los ist.

Eines Abends waren sie plötzlich da. Unerwartet, heimlich, still und leise. So als wenn sie schon immer dagewesen wären.

Hinten links neben der Bühne stand schon immer dieser niedrige Tisch, direkt neben der Tür mit der kaum noch lesbaren roten Aufschrift BÜHNE. Der Schlüssel zur Tür war schon lange verlorengegangen, niemand konnte sich erinnern, wo er sein könnte, und niemanden interessierte es wirklich. Eine alte Spitzendecke lag auf dem Tisch, darauf stand eine staubige Vase mit ebenso angestaubten Zweigen einer Korkenzieher-Haselnuss.

Dekoration aus vergangenen Tagen, in einer schummrigen, schlecht beleuchteten Ecke eines ehemals prunkvollen Kaffeehauses im Wiener Stil, irgendwo in Deutschland. Urgemütlich, aber seine besten Tage hatte das Nachtcafé bereits hinter sich. Genau das hatte Helmut gereizt, als er es damals übernahm, das Nachtcafé. Ein gemütlicher Mensch war er, der Helmut, mit einem guten Geschmack. Nette Menschen, gemütliche Lebensart und gute Musik, mit einem Schuss Gänsehaut, das mochte er wohl. Und er dachte bei sich: »Nach den besten Tagen haben wir uns wohl die allerbesten verdient.«

Die allerbesten, ja, das waren sie wohl. Wenn er am Wochenende abends sein Nachtcafé eröffnete, dann kamen sie. Nette Menschen, einem etwas sentimentalen Ambiente nicht abhold, auch nicht einem guten Getränk oder zwei. Für ein paar Stunden hörten sie ihm und seiner Musik zu, unterhielten sich, konnten die Unbill der Welt vergessen, sich angenehm unterhalten, in schönen Erinnerungen schwelgen.

Und dann, eines Abends, waren sie plötzlich da. Unerwartet, heimlich, still und leise. So als wenn sie schon immer dagewesen wären.

Clandice, der schmutzigrotbraune Kater unbestimmten Alters, den Helmut schon mit dem Café übernommen hatte, hatte sie zuerst entdeckt. Dahinten, links neben der Bühne, in der schummrigen Ecke, unter dem alten Tisch. Dort, wo der Putz schon bröselig war, nie der Wischmop der Putzfrau hingelangte. Ein paar Spinnweben zierten die alte, etwas marode Mauer. Und das Loch am Boden.

»Wer bin ich, dass ich sie jagen sollte?«, dachte sich Clandice und beschloss, erst einmal abzuwarten. Er wurde ja gut versorgt, hatte alles, was sich ein alter geruhsamer Kater wünschen konnte. Sie schienen freundlich, außer einem gelegentlichen Rascheln und leisem Rumpeln störten sie ihn kaum.

Die Mäuse. Da waren sie also.

Dem kreativen Freitagsgedanken eines Zufallsgastes entsprungen und gekommen, um zu bleiben. Als personifizierte Anthropomorphismen. Im Nachtcafé. Wo sonst wäre es passender? Heißen wir sie willkommen im Kreise der wundersamen Gäste des Nachtcafés!